Pflege Unterlassen

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Pflege • Das Unterlassen als Pflegefehler.

Nicht nur die »falsche« Pflegehandlung kann den Bewohner/Patienten in Gefahr bringen. Auch das »Vergessen« einer Anordnung oder das »Zu-Spät-Handeln« kann zum Schaden am Patienten/Bewohner führen.

→ Die Verantwortung für rechtzeitiges und sachgerechtes Handeln liegt bei der einzelnen Pflegekraft, und zwar bei der examinierten Pflegefachkraft wie auch beim Pflegehelfer gleichermaßen.

Wer den Patienten/Bewohner »liegen lässt«, nicht rechtzeitig versorgt, Notrufe überhört oder auf Beschwerden nicht reagiert, kann sich schadensersatzpflichtig machen, ja unter Umständen sogar strafbar.


→ Pflege • Unterlassen

 Darum geht es

Das Pflegepersonal ist im beruflichen Alltag tagtäglich gefordert, die pflegerischen Verrichtungen korrekt und richtig auszuführen.

Egal, ob Grundpflege wie z.B. Waschen und Körperpflege, oder medizinische Behandlungspflege, wie z.B. das Spritzen: Immer müssen die Anwendungen nach den Regeln der Kunst ausgeführt sein. Anderenfalls drohen arbeitsrechtliche und haftungsrechtliche Konsequenzen.

• Aber ebenso fatal wie die falsche und fehlerhafte Pflegehandlung ist das pflichtwidrige Unterlassen.

Das »Unterlassen« zeigt sich in den unterschiedlichsten Versäumnissen.

Typisch ist etwa das »Vergessen« einer ärztlichen Anordnung. Aber auch die »zu späte Anwendung« stellt eine relevante Versäumnis dar. Kommt der Bewohner/Patient infolgedessen zu Schaden, kann dies eine Haftung der säumigen Pflegekraft auslösen.

Eine schuldhafte Unterlassung kann aber auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Das »Liegenlassen« des Patienten, ihn sich selbst überlassen, kann strafbar sein. Erleidet der Bewohner/Patient durch das »Vergessen« und »Nichthandeln« der Pflegekraft eine gesundheitliche Schädigung, drohen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche.

Der nachfolgende Beitrag wird das »Unterlassen« unter haftungs- und strafrechtlichen Aspekten beleuchten.


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→ Pflege: Das Unterlassen und haftungsrechtliche Folgen

Pflichtwidriges Unterlassen

Hat die Pflegekraft eine bestimmte pflegerische, aber auch administrative Handlung nicht vorgenommen, stellt dies überhaupt nur dann eine Pflichtverletzung dar, wenn sie die Pflicht hatte, zu handeln.

Dieser »Pflichtenkanon« ergibt sich aus den Grundsätzen ihrer Berufsausbildung, aus dem Inhalt des Arbeitsvertrags, aus den internen und externen Qualitätsmanagementrichtlinien, aber auch aus Einzelweisungen der Fachvorgesetzten auf Arbeitgeberseite.

Dies kann im Einzelfall eine Weisung der Stationsleitung oder der Pflegedienstleitung sein, im Rahmen der medizinischen Behandlungspflege auch eine Weisung des Arztes.

Das »Unterlassen« im Pflegealltag

Das »Unterlassen« kann sich auf typische Pflegehandlungen beziehen, so z.B. wenn die Pflegekraft vergisst, die Tabletten zu reichen.

Aber es kann auch bedeuten, dass wichtige Hinweise und Informationen von Mit- und Nachbehandlern nicht weitergegeben werden.

• Dies kann böse Folgen für den Behandlungs- und Genesungsverlauf haben.

• Wird die zeitnahe Dokumentation vergessen, hat dies sogar Auswirkungen auf die Beweislast.

• Die Pflegekraft kann nämlich nur schwer beweisen, dass sie wirklich alles vollständig und korrekt erledigt hat, wenn vergessen wurde, all dies zu dokumentieren.

• Besondere Bedeutung hat das Unterlassen bei den Fürsorge- und Obhutspflichten: Wer vergisst, gefährliche Gegenstände aus dem Umfeld des verwirrten Bewohners/Patienten zu entfernen oder ihn nicht hinreichend vor Sturzgefahren oder einem unkontrollierten Weglaufen sichert, begeht ein relevantes Unterlassen.

Handlungsgebot

• Manch erfahrene Pflegekraft beklagt, dass manche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Pflege nicht von sich aus erkennen, wann ein Handeln oder Einschreiten geboten ist. Sie würden strikt auf »Order« warten. Erhielten sie keine Weisung, sähen sie sich auch nicht zum Handeln verpflichtet.

• Nun liegt es auf der Hand, dass der Abschluss zur Pflegefachfrau/ Pflegefachmann nicht nur befähigt, sondern auch verpflichtet, bestimmte Notwendigkeiten in der Pflege selbstständig zu erkennen.

• Dies kann die Anwendung der Prophylaxen sein, die Durchführung der Pflegeplanung, die Verabreichung von Arzneien, das zeitnahe Dokumentieren der Verrichtungen, aber auch die Feststellung besonderer Vorkommnisse bezüglich des Verhaltens des Bewohners, seines Pflegezustands und seiner persönlichen Befindlichkeit.

• Die Pflegefachfrau/Pflegefachmann braucht für all dies keine gesonderte Aufforderung oder »Einladung«. Sie weiß, was zu tun ist. Hier verfügt sie über die nötige Vorausschau.

• Vergisst sie eine ihrer »klassischen« Aufgaben, die als bekannt vorausgesetzt werden kann, begeht sie eine Pflichtwidrigkeit. Die Ausrede, »mir hat keiner gesagt, dass ich das und das machen muss«, greift nicht durch.

• Der Impuls zum Handeln ist gegeben.

Ausnahmen

• Die Pflicht zum eigenständigen Handeln hat ihre Grenzen. Geht es um eine gefährliche Ausgangslage beim Bewohner/Patienten, tritt eine medizinisch unerwartete krisenhafte Situation ein, oder ist die Pflegekraft einfach unsicher, was jetzt zu veranlassen ist, wird sie den Rat von Vorgesetzten oder des Arztes/der Ärztin einholen.

• Jetzt kann ein »Unterlassen« sinnvoll sein.

• Die Pflegekraft sieht von weitreichenden Entscheidungen und deren Umsetzung am Bewohner/Patienten ab.

• Für die Gesundheit und den Zustand des Bewohners kann dies überaus sinnvoll und zuträglich sein. Die Pflegekraft riskiert keine gefährliche Pflege und wird stattdessen unverzüglich Hilfe, Rat und Unterstützung anderer, kompetenter Dritter einholen.

Schuldhaftes Unterlassen

• Nicht jedes »Unterlassen« ist schuldhaft.

• Wer beispielsweise die Glocke des Bewohners nicht hört, weil die Anlage technisch defekt ist, kann dem Bewohner nicht rechtzeitig zu Hilfe eilen. Aber schuldhaft handelt er/sie nicht.

• Das Funktionieren der technischen Anlage liegt in der Zuständigkeit der Heimleitung, die für die technische und organisatorische Ausstattung verantwortlich ist.

Besonderer Fall

• Eine ganz besondere Pflicht zum Handeln entsteht, wenn die Pflegekraft bemerkt, dass sie etwas falsch gemacht hat. Klassisches Beispiel ist die Medikamentenverwechslung, aber auch die Verabreichung einer Überdosis.

• In dem Fall sollte sie keinesfalls schweigen und darauf hoffen, dass die Folgen »schon nicht so schlimm werden«.

• Vielmehr muss sie sofort Gegenmaßnahmen einleiten.

• Lässt sie dem Schadensereignis seinen Lauf, und kommt es jetzt zu einer echten Lebensgefahr für den Bewohner, macht sich die Pflegekraft schadensersatzpflichtig wegen Verletzung von Körper und Gesundheit durch Unterlassen.

• Sie muss dringend gegensteuern.

• Ihr »Nichtstun« kann zudem zur Strafbarkeit führen. Dies stelle ich nachfolgend dar.


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→ Pflege: Das Unterlassen und strafrechtliche Folgen

Die Garantenstellung

Bewohner/Patienten werden in ganz besonderer Weise der professionellen Pflege anvertraut. Aufgrund ihrer spezifischen beruflichen Qualifikation übernimmt die Pflege eine besondere Verantwortung für das »Wohl und Wehe« der anvertrauten Menschen.

Pflegekräfte haben eine »Garantenstellung« für die Sicherheit und das Wohlergehen von Bewohnern/Patienten.

Wer kraft Arbeitsvertrags verpflichtet ist, pflegenahe Aufgaben zu erbringen, übernimmt diese Garantenstellung. Neben den examinierten Fachkräften gilt dies auch für Gruppe der Helfer.

Wegen dieser besonderen Garantenstellung droht den Vertretern des Pflegeberufs eine »verschärfte« strafrechtliche Verantwortlichkeit.

Lassen sie einen Bewohner hilflos zurück oder eilen nicht zur Hilfe herbei, ist das nicht nur eine unterlassene Hilfeleistung.

Kommt der Bewohner infolgedessen zu Tode und verstirbt, steht sogar der Vorwurf der vorsätzlichen (nicht nur fahrlässigen) Tötung durch Unterlassen im Raum.

Der Vorsatz

»Vorsatz« liegt vor, wenn die Pflegekraft die Verschlechterung des Gesundheitszustands des Bewohners/Patienten billigend in Kauf nimmt. Nun begründet nicht jede Säumnis gleich den Vorwurf einer vorsätzlichen Unterlassung.

Konnte aber die Pflegekraft absehen, dass ihre Untätigkeit schwere Folgen haben kann, ist der Vorsatz nicht mehr fern.

Weiß die Pflegekraft, dass der Zustand des alten Herrn X. äußerst fragil ist und X. auch völlig hilflos ist, und reagiert die Pflegekraft auf die Glocke des X. gleichwohl nicht, ist sie vom Vorwurf der vorsätzlichen Unterlassung nicht weit weg.

Unterlassungsdelikte

Aber nicht nur Körperverletzungs- und Tötungsdelikte können durch ein Unterlassen verwirklicht werden.

Als spezielle Straftaten sind die »Aussetzung« sowie die »Misshandlung von Schutzbefohlenen« zu nennen.

Beides ist ziemlich »starker Tobak«. Kennzeichnend ist, dass ein hilfloser bzw. wehrloser gebrechlicher Mensch, der ausdrücklich der Obhut und Fürsorge anvertraut ist, von jenen Personen, die auf ihn aufpassen sollen, böswillig vernachlässigt wird.

Wird ihm durch diese Vernachlässigung schwerer gesundheitlicher Schaden zugefügt, wird die Tat mit mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe bestraft.


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# Fazit: Auf den Punkt gebracht

Das »Unterlassen« ist im Pflegealltag dann von Bedeutung, wenn für die Pflegekräfte eine Pflicht zum Handeln besteht.

Die ergibt sich aus der besonderen beruflichen Stellung der Pflegekräfte. Sie haben eine Garantenstellung, die sie verpflichtet, aktiv zu werden, um das Wohlergehen der Bewohner/Patienten zu schützen.

Versäumnisse und das »Vergessen« pflegerischer Vorgaben können Schadensersatzansprüche der anvertrauten Person auslösen. Im Einzelfall wird auch ein Schmerzensgeld geschuldet.

Noch gefährlicher für die Pflegekräfte ist der strafrechtliche Vorwurf. Wiegt der Vorwurf des Unterlassens schwer und wird eine geradezu böswillige Vernachlässigung festgestellt, droht Freiheitsstrafe nicht unter 1 Jahr.


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Und wer es noch weiter vertiefen möchte …

… dem empfehle ich meinen Beitrag zu
Strafrecht und Pflege: Klicken Sie hier

… und außerdem:
Haftung • Altenpflege:
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Dr. Uta Holtmann
Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Arbeitsrecht


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Dr. Uta Holtmann
Rechtsanwältin,
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