Pflege Zuverlässigkeit und Qualifikation

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»Pflegen kann Jede(r)« ist eine Aussage, die im Umfeld kompetenter und qualitätsorientierter Pflege heutzutage keinen Platz mehr hat.

Grundpflege und Behandlungspflege sind keine Hilfstätigkeiten; sie sollten nicht von ungelerntem oder notdürftig angelerntem Personal ausgeübt werden.

 Die Betreiber von Pflegeheimen oder Pflegediensten könnten im Versorgungsvertrag mit der Kasse zugesichert haben, dass sie – je nach Struktur und Pflegebedürftigkeit der zu betreuenden Menschen – für bestimmte Formen der Pflege und Betreuung ausschließlich Pflegefachkräfte einsetzen.

Hilfskräfte und ungelernte Mitarbeiter/innen reichen dafür nicht.

Die Qualität des Personals leitet sich vielmehr in fachlicher Hinsicht aus den beruflichen Abschlüssen ab; aber auch charakterliche Eignung und persönliche Zuverlässigkeit sind wichtige Merkmale.

 Damit in der Praxis des beruflichen Alltags keine Missverständnisse entstehen, weisen sich qualifizierte Pflegekräfte aus durch die Erlaubnis zum Führen der jeweiligen Berufsbezeichnung als »Gesundheits- und Krankenpfleger/in«, »Altenpfleger/in«, »Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in«.

Ich erläutere Ihnen im nachfolgenden Beitrag, welche Bedeutung diesem Zertifikat zukommt, und welche Auswirkungen es für die berufliche Stellung der einzelnen Pflegefachkraft aber auch für den Träger der Pflegeeinrichtung hat.


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Der Sachverhalt

Der Pflegedienst X. ist spezialisiert auf die Versorgung von intensivpflegebedürftigen und beatmungspflichtigen Patienten in häuslicher Umgebung.

Im Versorgungsvertrag mit der Kasse ist festgeschrieben, dass nur Pflegefachkräfte zum Einsatz kommen sollen. Zur Klarstellung wird außerdem betont, dass als Pflegefachkraft nur gilt, wer zum Führen einer Berufserlaubnis nach dem Altenpflegegesetz, Krankenpflegegesetz oder dem (neuen) Pflegeberufegesetz befugt ist.

Der Pflegedienst setzt nun Mitarbeiter/innen ein, die zwar die Ausbildung bereits durchlaufen haben und damit auch mit den praktischen Erfordernissen des Pflegeberufs vertraut sind, aber denen noch nicht die Berufserlaubnis nach dem Altenpflegegesetz, Krankenpflegegesetz oder dem (neuen) Pflegeberufegesetz verliehen wurde.

Dennoch zeichnen sie in der Dokumentation dafür, eigenständig als »Pflegefachkräfte« diese und jene Maßnahme der Behandlungspflege erbracht zu haben.

Tatsächlich erbringen sie die pflegerischen Leistungen und Verrichtungen anstandslos und zunächst erhält der Betreiber der Pflegeeinrichtung von der zuständigen Kasse auch die Vergütung.

Im Rahmen einer Überprüfung fordert die zuständige Kasse dazu auf, doch die Urkunden über die berufliche Zulassung der eingesetzten Pflegekräfte vorzulegen.

Die Urkunden liegen auch zwischenzeitlich vor, wurden aber erst nach dem in Frage stehenden Abrechnungszeitraum erteilt.

Als Behandlungspflege geleistet wurde, war nur die Ausbildung absolviert, aber noch nicht die Berufsbezeichnung verliehen worden.

Die Kasse fordert einen Betrag von 42.097,00 EUR zurück und beruft sich darauf, dass eben keine »Pflegefachkräfte« die geschuldete Behandlungspflege erbracht hätten.


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Das sind Ihre Fragen

Welches Risiko besteht, wenn Behandlungspflege in der Altenpflege aber auch in der ambulanten häuslichen Intensivpflege von noch nicht endgültig »zertifiziertem« Personal erbracht wird?

Kommt dem Nachweis der Erlaubnis zum Führen der jeweiligen Berufsbezeichnung als »Gesundheits- und Krankenpfleger/in«, »Altenpfleger/in«, »Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in« ein so hoher Beweiswert zu, dass eine ohne »Urkunde« erbrachte Behandlungspflege sozusagen »wertlos« ist, jedenfalls nicht vertragskonform?


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Darum geht es

Auf den ersten Blick erscheint es verblüffend, dass Leistungen am Patienten – im vorliegenden Fall in der häuslichen Intensivpflege – u.U. nicht vergütungsfähig sein sollen, nur weil die förmliche Verleihung der Berufsbezeichnung noch nicht vollzogen war.

Gleichwohl könnte ein Verstoß gegen den ausgehandelten Versorgungsvertrag vorliegen, wenn das praktisch ausgebildete Personal zum Einsatz kommt, aber die »Urkunde« noch auf sich warten lässt.


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# Die »Erlaubnis«

Verschiedene sozialgerichtliche Entscheidungen hatten sich mit der Frage zu befassen, welcher Stellenwert der Verleihung »Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung« zukommt.

Einheitlicher Qualitätsstandard

Zunächst wird betont, dass in der Pflege ein einheitlicher Qualitätsstandard einzuhalten ist.

Gerade für die Behandlungspflege ist es von höchstem Interesse, dass eine gute und zweckmäßige Versorgung nach den allgemein anerkannten medizinischen Erkenntnissen sicher gestellt wird.

Dazu zählt zweifelsohne die Ausbildung mit ihren praktischen und theoretischen Ausformungen.

Erwartung an die Pflegefachkraft: mehr als nur die richtige pflegerische Ausführung

Aber die Berufsbezeichnung darf nur führen, wer neben der fachlichen Eignung die persönliche Zuverlässigkeit aufweist sowie die gesundheitliche Eignung.

Auch müssen ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache vorliegen.

So komplettiert sich das Berufsbild und von einer »Pflegefachkraft« wird eben mehr erwartet als nur die richtige pflegerische Ausführung.

Auf die Aushändigung der Urkunde kommt es an

Den Nachweis über all diese Eigenschaften und Fähigkeiten belegt die Urkunde mit der »Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung«.

Daher kommt es für die Bezeichnung »Pflegefachkraft« und den Nachweis der Qualifikation als »Pflegefachkraft« nicht auf den Abschluss der letzten Prüfung an sondern auf die Aushändigung der Urkunde.

Bis zum Eintritt dieser Bedingung kann man sich nicht darauf stützen, man habe »Pflegefachkräfte« vor Ort. Man hat sie eben nicht!


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# Die Vergütung

Eine Pflegeeinrichtung oder auch ein ambulanter Pflegedienst leiten ihren »Bezahlanspruch« aus dem Versorgungsvertrag ab, den sie mit der Kasse geschlossen haben.

Bruch des zugesicherten Qualitätsstandards

Kommt es nun entgegen der Vergütungsvereinbarung zum Einsatz von (noch) nicht als Fachkraft anerkannten Mitarbeitern/innen, ist dies ein »Bruch« des eigentlich zugesicherten Qualitätsstandards.

Folge: Verlust jeglichen Vergütungsanspruchs

Und damit – und das ist bemerkenswert – verliert der Anbieter, also das Pflegeheim oder der Pflegedienst , jeglichen Vergütungsanspruch. Und alles, was an ihn bereits bezahlt wurde, hat er zurückzuzahlen (!).

Dass tatsächlich Behandlungspflege durchaus ordentlich und fachgerecht erbracht wurde, nützt der Einrichtung nichts. Dies alles hat sie am Ende »auf eigene Rechnung« erbracht.

Nur die geschützte Berufsbezeichnung zählt.

Hinweis:

Selbstverständlich dürfen im Rahmen der Grundpflege auch Pflegehelfer nach wie vor zum Einsatz kommen. Ihre Mitarbeit ist überaus wertvoll und notwendig und kein Versorgungsvertrag will das unterbinden.

Aber dort, wo die Einhaltung eines anerkannten medizinisch geforderten Behandlungsstandards verlangt wird, garantiert die Pflegeeinrichtung, dass sie dies ausschließlich mit dem Einsatz von Pflegefachpersonal gewährleistet.

Und diese Zusage im Versorgungsvertrag muss sie einhalten.


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# Der Widerruf

Die einmal verliehene »Erlaubnis zum Führen der jeweiligen Berufsbezeichnung als Krankenpfleger/in etc.« ist aber keineswegs unabänderlich.

Widerruf aufgrund gewichtiger Umstände

Gewichtige Umstände könnten die Behörden veranlassen, die ursprünglich erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung zurückzunehmen.

Die Erlaubnis wird widerrufen. Die ausgehändigte Anerkennungsurkunde ist zurück zu geben.

Ein Widerruf droht, wenn die Pflegefachkraft sich als unzuverlässig erwiesen hat. Schließlich ist das Verhältnis zwischen Pflege und Patient auch ein Vertrauensverhältnis, das aber stark erschüttert sein kann.

Liegen Anhaltspunkte vor, wonach zu bezweifeln ist, dass die Pflegekraft künftig verlässlich den Pflichten ihres Berufes und den Anforderungen an das Berufsbild nachkommt, kann ihr die Berufserlaubnis entzogen werden.

Hinweis:

Mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses hat das nichts zu tun. Die Pflegefachkraft verliert aber die Befugnis, ihre Berufsbezeichnung weiterhin zu führen.

Dies kann selbstverständlich die Kündigung des Arbeitsvertrags zur Folge haben.

Als ungelernte Hilfskraft darf sie sich weiter bewerben. Es ist aber stark anzuzweifeln, ob ein Arbeitgeber bereit ist, eine Person zu beschäftigen, der wegen persönlicher Unzuverlässigkeit oder Nicht-Eignung die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung entzogen wurde.

Typische Verfehlungen

Typische Verfehlungen, die einen Widerruf nach sich ziehen können, sind gewalttätiges Verhalten insbesondere gegenüber Bewohnern oder Patienten, sexuelle Übergriffe aber auch Manipulationen in der Dokumentation, der Patienten- oder Bewohnerakte oder der Versuch, sich geldwerte Vorteile von Bewohnern zusichern zu lassen.

Selbstverständlich kommt es am Ende auf die Schwere der Verfehlung sowie auf die Umstände im Einzelfall an.

Hinweis:

Ein besonderer Hinweis sei zum Schluss noch angebracht: Mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache können auch ein Grund sein, die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung als Pflegekraft zu entziehen.

Allerdings kann der/die Betroffene dies abwenden, indem er/sie angebotene Sprachkurse besucht und mit einem qualifizierten Abschluss beendet.

Eine Einrichtung, die jemanden als Pflegekraft einstellt, wohlwissend, dass die nötige Sprachsicherheit nicht vorhanden ist, wird hier aktiv unterstützen müssen.

Sie dürfte anderenfalls diese Fachkraft in der Vergütungsvereinbarung mit der zuständigen Kasse garnicht aufführen.

Die Behörden können eine Frist setzen, innerhalb derer sie den Erwerb der nötigen Sprachkenntnisse und den Nachweis darüber vorgelegt haben möchten.


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# Fazit: Auf den Punkt gebracht

→ Berufsrechtliche Regelungen sehen vor, dass nur die »Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung als »Gesundheits- und Krankenpfleger/in«, »Altenpfleger/in«, »Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in« die Pflegekraft als Pflegefachkraft ausweist.

→ Die Urkunde ist Nachweis dafür, dass die Person fachlich, aber auch persönlich über die notwendigen Befähigungen und charakterlichen Eigenschaften verfügt.

→ Neben der praktischen Ausbildung zählen auch Zuverlässigkeit, charakterliche und gesundheitliche Eignung sowie hinreichende deutsche Sprachkenntnisse zu den verlangten Eigenschaften.

→ Die Urkunde entscheidet, ob die Einrichtung, die im Versorgungsvertrag den Einsatz von Pflegefachkräften zugesagt hat, auch den entsprechenden Vergütungsanspruch hat.

→ Allerdings kann die einmal erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung auch widerrufen werden, sofern sich die Umstände in der Person wesentlich geändert haben.

→ Gewalt in der Pflege, übergriffiges Verhalten, Fälschung der Krankenakte oder Betrug können zum Entzug der Berufserlaubnis führen.


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→ Quellen der Information sind:

Gesetz über die Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz - PflBG)

Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe (Pflegeberufe-Ausbildungs- und -Prüfungsverordnung - PflAPrV)

Dr. Uta Holtmann
Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Arbeitsrecht


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