Pflege und Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM)

Pflege Freiheitsentziehende Maßnahmen

Rechtsfragen in der Pflege
# Pflege und Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM)
Wann und unter welchen Voraussetzungen ist in der Pflege der Einsatz freiheitsentziehender Maßnahmen erlaubt?

Bettgitter gelten im Prinzip als Maßnahme der Freiheitsentziehung bzw. Freiheitsbeschränkung, denn damit wird in die körperliche Bewegungsfreiheit der betroffenen Person eingegriffen.

Ein solcher Eingriff berührt die im Grundgesetz garantierte Würde und Persönlichkeit des Menschen.

Selbst dann, wenn der Betreuer/Bevollmächtigte zustimmt, bedarf es zusätzlich einer richterlichen Genehmigung.

Das Gesetz will so sicherstellen, dass gerade geistig Erkrankte und dadurch hilflose Personen nicht unnötig drangsaliert werden.

Ich zeige, welche detailliert abgestuften Voraussetzungen für eine freiheitsentziehende Maßnahme (FEM) bestehen, und welche Ausnahmen es davon gibt.


Pflege Freiheitsentziehende Maßnahmen

Das ist passiert: Der Sachverhalt

Frau X. leidet an Demenz.

Ihr fehlt die nötige Einsicht in ihr Krankheitsbild. Hinweise auf Risiken und Gefahren in ihrem Alltag versteht sie nicht.

X. steht unter Betreuung.

Sie ist schon wiederholt gestürzt und hat sich zuletzt beim Sturz aus dem Bett erheblich verletzt.

Arzt und Pflegekräfte sind sich einig, dass ein Bettgitter angebracht werden soll, um ein unkontrolliertes Herausfallen zu verhindern.

Der Arzt stellt den notwendigen Antrag auf Genehmigung der Maßnahme beim Betreuungsgericht.

Der Betreuer erhebt keine Einwände.


Pflege Freiheitsentziehende Maßnahmen

Das ist Ihre Frage …

Warum ist es rechtlich überhaupt problematisch, am Bett eines Bewohners/Patienten ein Bettgitter anzubringen?

 … und das ist meine Antwort

Bettgitter gelten im Prinzip als Maßnahme der Freiheitsentziehung bzw. Freiheitsbeschränkung.

Sind sie so angebracht, dass Betroffene grundsätzlich ihren Aufenthalt nicht nach eigenem Willen verändern können, also z.B. das Bett nicht auf »normalem« Weg verlassen können, stellt das Bettgitter ein Hindernis dar, das einer Freiheitsentziehung gleichkommt.

Gleiche Wirkung hat beispielsweise ein Beckengurt oder ein Fixierbrett.

Die Maßnahme ist vor allem kritisch, wenn das Bettgitter über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig erneut angebracht werden soll.

In jedem Fall wird damit in die körperliche Bewegungsfreiheit der Person eingegriffen.

Sie wird daran gehindert, ihrem Wunsch nach Bewegung und Veränderung des Aufenthaltsortes ungehindert nachzugehen.

Ein solcher Eingriff ist erheblich. Er berührt die im Grundgesetz garantierte Würde und Persönlichkeit des Menschen.

Das zeigt in aller Deutlichkeit, wie wichtig es ist, Personen, die beispielsweise aufgrund einer geistigen Einschränkung in besonderem Maße hilflos sind, vor solchen einschneidenden Maßnahmen zu schützen.


 Sie suchen alle meine Beiträge
in einer Übersicht? Klicken Sie hier


 Sie suchen alle meine Anwender-Seminare
in einer Übersicht? 
Klicken Sie hier


Pflege Freiheitsentziehende Maßnahmen

Das ist Ihre Frage …

Wie werden diese eingeschränkten Bewohner und/oder Patienten geschützt?

 … und das ist meine Antwort

Wer aufgrund einer geistigen oder seelischen Erkrankung oder Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst regeln kann, dem wird ein Betreuer zur Seite gestellt.

Hat jemand beizeiten einer Person seines Vertrauens eine Vollmacht erteilt, so wird diese(r) Bevollmächtigte für den Bewohner/Patienten tätig und vertritt statt eines Betreuers dessen Interessen.

Zur Aufgabe von Betreuer bzw. Bevollmächtigtem gehört dann auch die Entscheidung darüber, ob bei einem Krankenhaus- oder Heimaufenthalt ein Bettgitter oder andere Maßnahmen der Freiheitsbeschränkung zur Anwendung kommen sollen.

Der Arzt/Ärztin wird mit dem Betreuer/Bevollmächtigten besprechen, warum überhaupt das Bettgitter nötig ist und wird den Betreuer/Bevollmächtigten um Zustimmung bitten.

Nur so ist gewährleistet, dass wenigstens ein Minimum an Selbstbestimmung für den Betroffenen erhalten bleibt.


Pflege Freiheitsentziehende Maßnahmen

Das ist Ihre Frage …

Ist mit der Zustimmung des Betreuers oder Bevollmächtigten das Bettgitter rechtlich erlaubt?

 … und das ist meine Antwort

Selbst dann, wenn der Betreuer/Bevollmächtigte zustimmt, bedarf es zusätzlich einer richterlichen Genehmigung. Ganz schön aufwendig …

Aber das Gesetz ist vorsichtig und will sicherstellen, dass gerade geistig Erkrankte und dadurch hilflose Personen nicht unnötig drangsaliert werden.

Sie sollen nicht unnötig – wie auch immer – eingesperrt oder durch Bettgitter und andere Mittel in ihrem Bewegungsdrang behindert werden.

Daher muss zusätzlich ein Gericht prüfen, ob die geplante Beschränkung der Freiheit rechtmäßig ist.

Also ist eine doppelte Genehmigung nötig.


 Sie suchen alle meine Beiträge
in einer Übersicht? Klicken Sie hier


 Sie suchen alle meine Anwender-Seminare
in einer Übersicht? 
Klicken Sie hier


Pflege Freiheitsentziehende Maßnahmen

Das ist Ihre Frage …

Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit ein Gericht Bettgitter und andere Formen des Freiheitsentzugs genehmigt?

 … und das ist meine Antwort

Erste Voraussetzung ist die Feststellung einer akuten Eigengefährdung.

Beispiel dafür ist eine akute Sturzgefahr oder Verletzungsgefahr.

Diese kann aus vorausgegangenen Sturzereignissen abgeleitet werden, aber auch aus einer schweren Schädigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Patienten.

Aber auch eine akute Fremdgefährdung kann ein Bettgitter oder eine andere Fixierung erforderlich machen.

Die nötigen Feststellungen dazu trifft der Arzt.


Pflege Freiheitsentziehende Maßnahmen

Das ist Ihre Frage …

Müssen noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Gericht dem beantragten Bettgitter zustimmt?

 … und das ist meine Antwort

Die Anbringung des Bettgitters muss erforderlich und verhältnismäßig sein.

Die Gefahr des »Herausfallens aus dem Bett« mit der Möglichkeit schwerer Verletzungen muss so gravierend sein, dass das Bettgitter unverzichtbar erscheint.

Und es dürfen keine anderen Alternativen, also verhältnismäßig mildere Mittel, zur Verfügung stehen, um die Person vor Sturz oder Selbstverletzung zu bewahren.

Wenn also Niederfloorbetten oder Polster- und Bettnester, aber auch engmaschige persönliche Nachschau als nicht geeignet erscheinen, den drohenden Gesundheitsschaden wirklich abzuwenden, scheiden sie als mildere Mittel aus.

Ärzte und Behandler müssen prüfen, welche Alternativen an Stelle des Freiheitsentzugs zur Verfügung stehen könnten.

Sie werden ihr Ergebnis gegenüber dem Gericht begründen müssen!


Pflege Freiheitsentziehende Maßnahmen

Das ist Ihre Frage …

Gibt es Fälle, in denen z.B. Bettgitter angebracht werden können, ohne das aufwendige Genehmigungsverfahren?

 … und das ist meine Antwort

Solche Fälle sind durchaus denkbar.

Wer noch geschäftsfähig ist und bei klarem Verstand, kann selbst darüber entscheiden, ob er zu seinem Schutz ein Bettgitter wünscht.

Aber auch bei unmittelbarer Gefahr im Verzug, also einem echten Notfall, kann zum Schutz des Patienten rasch eine Fixierung vorgenommen werden.

Soll sie länger andauern, wird man allerdings die »doppelten« Genehmigungen einholen müssen.

Ist die Person gar nicht in der Lage, irgendeine Bewegung zur Veränderung ihres Aufenthaltsortes gezielt auszuführen, dient das Bettgitter nur dem Schutz im Falle etwaiger unkontrollierter Zuckungen und Bewegungen.

Einen Eingriff in die Bewegungsfreiheit stellt es nicht dar und bedarf dann auch keiner Genehmigung.

Und eine weithin unbekannte Ausnahme gibt es noch.

Im Rahmen der Pflege zu Hause gestattet es das Gesetz, dass pflegende Angehörige ein Bettgitter oder andere Einschränkungen der Bewegungsfreiheit nicht genehmigen lassen müssen.

Sie haben hier – anders als die Heime oder Krankenhäuser – »freie Hand«.

Aber ein sinnloses Wegsperren bleibt ebenso strafbar wie ein unnötiges und übermäßiges Einschränken des persönlichen Bewegungsfreiraums.


 Sie suchen alle meine Beiträge
in einer Übersicht? Klicken Sie hier


 Sie suchen alle meine Anwender-Seminare
in einer Übersicht? 
Klicken Sie hier


Pflege Freiheitsentziehende Maßnahmen

# Das Fazit

Bettgitter sind ein erheblicher Eingriff in die Bewegungsfreiheit des Menschen.

Bei Personen unter Betreuung sind sie nur zulässig mit »doppelter« Genehmigung.

Eine akute Eigengefährdung muss vorliegen, mildere Methoden haben Vorrang.

In zahlreichen Ausnahmefällen ist das aufwendige Genehmigungsverfahren entbehrlich.

# Das Fazit: Auf den Punkt gebracht

Rechtsfragen in der Pflege
# Pflege und Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM)
Wann und unter welchen Voraussetzungen ist in der Pflege der Einsatz freiheitsentziehender Maßnahmen erlaubt?

Auf den Punkt gebracht

Bettgitter = ein erheblicher Eingriff in die Bewegungsfreiheit

Bei Betreuung: nur zulässig mit »doppelter« Genehmigung.

Bedingung: akute Eigengefährdung, Vorrang milderer Methoden

Zahlreiche Ausnahmefälle ohne das aufwendige Genehmigungsverfahren

Dr. Uta Holtmann
Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Arbeitsrecht


Zurück zum Anfang

©/Kontakt
Dr. Uta Holtmann
Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Arbeitsrecht

e-mail: info(at)utaholtmann.com
website: www.utaholtmann.com

Steuernummer:
20823060271

Kontakt
Impressum/Datenschutz

Büro Bayreuth
Scheffelstraße 23
D-95445 Bayreuth
Deutschland
Tel: 0921/66197
Fax: 0921/57151

Büro Lüdinghausen
Halterner Straße 57
D-59348 Lüdinghausen
Deutschland
Tel.: 02591/9496957
Fax: 02591/9496958

→ Mein kostenloser Newsletter:
»Aktuelle Haftungsfragen in der Pflege«
Alles, was Ihren Berufsalltag
in der Pflege direkt betrifft!

Ihre E-Mail-Adresse:

 Klicken Sie hier