Pflege Unverschuldete Leistungsmängel

Pflege Unverschuldete Leistungsmängel

Wieviel Leistung kann von einer angestellten Pflegekraft verlangt werden, wenn sie nicht zu »gewohnter Form« aufläuft?

Was ist mit Konzentrationsschwächen, Müdigkeit und einer geringeren Stressresistenz?

Gibt es eine »Schonzeit« nach überstandener Krankheit?

In meinem Beitrag zeige ich, wo und wie der Pflichtenkreis einer Pflegekraft festgelegt wird.

Und ich zeige, wieviel Schwankungsbreite bei der täglichen Pflichterfüllung unschädlich ist, und wo die »echten« Fehler und Versäumnisse beginnen.

Außerdem zeige ich, dass der Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht hat – und wie er ihr nachkommt.


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Der Sachverhalt

Die Pflegekraft P. war lange Zeit krank. Nun ist sie wieder auf Arbeit. Sie soll Bewohner lagern, waschen und bei Transfers unterstützen. P. fühlt sich immer noch nicht richtig fit. Sie leidet weiterhin an starken Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit.

Die Dokumentation und andere Verwaltungsaufgaben, kritische Gespräche mit Angehörigen und Betreuern, aber auch Konfliktgespräche mit der Stationsleitung und der Pflegedienstleitung stressen sie zusehends. Gegenüber der Pflegehelferin X. rastet P. schließlich aus und schreit sie an, sie sei wohl »zu allem zu doof«.

X lässt sich diesen Umgang nicht gefallen. Sie beschwert sich an oberster Stelle.

P. wird zur Personalabteilung zitiert und erhält eine strenge Ermahnung. Ihr wird eine Abmahnung, ja sogar eine Kündigung in Aussicht gestellt, wenn das noch einmal vorkommen sollte.

P. sieht sich ungerecht behandelt.

Schließlich hatte sie dem Arbeitgeber von ihren anhaltenden Beschwerden berichtet und glaubt etwas mehr Verständnis und Unterstützung erwarten zu können.


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Das sind Ihre Fragen

Wieviel Leistung kann von der angestellten Pflegekraft verlangt werden, wenn sie zwar arbeitsfähig ist, aber nicht zu »gewohnter Form« aufläuft?

Dürfen sich abhängig Beschäftigte überhaupt Konzentrationsschwächen, Müdigkeit und eine geringere Stressresistenz erlauben?

Gibt es eine »Schonzeit« nach überstandener Krankheit?

Was gilt im Verhältnis zu Mitarbeitern, die eine anerkannte Behinderung haben?


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Darum geht es

Den Pflichtenkreis der Pflegekraft umreißen der Arbeitsvertrag und – soweit vorhanden – die Stellenbeschreibung. Die Aufgaben selbst sind bei gleichbleibender Stellenbeschreibung oft über Jahre hindurch die gleichen.

Nicht immer gelingt es jedoch, den gestellten Anforderungen in gleichbleibender Weise gerecht zu werden. So können Aufmerksamkeit, Konzentration, aber auch Gleichmut und Belastbarkeit schwanken.

Grundsätzlich ist eine gewisse Schwankungsbreite bei der täglichen Pflichterfüllung unschädlich. Sie wirkt sich nicht auf den Arbeitsvertrag aus.

Führt sie allerdings zu »echten« Fehlern und Versäumnissen, kann das als Pflichtverletzung geahndet werden.

Die überstandene Krankheit ist für sich kein Entschuldigungsgrund.

Auch Müdigkeit, private Belastungskomponenten oder chronische Leiden sind keine automatische Entschuldigung für Minderleistung und Leistungsschwäche.

Allerdings hat der Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht.

Teilt der Beschäftigte seine Leistungseinschränkungen mit, besteht die Pflicht des Arbeitgebers, im Rahmen des Zumutbaren zumindest für einen vorübergehenden Zeitraum für Entlastung zu sorgen.

Er kann auch leichtere, leidensgerechte Arbeit anbieten; das geschieht dann aber oft zu einem geringeren Entgelt als es der Ausgangsvertrag vorsieht.


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# Krankheit und Arbeitsunfähigkeit

Krankheit als misslicher Zustand und als Einschränkung der Gesundheit im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis ist von Bedeutung, wenn mit der Krankheit gleichzeitig Arbeitsunfähigkeit einhergeht.

Arbeitsunfähigkeit bedeutet, dass jemand aufgrund der gesundheitlichen Einschränkung außerstande ist, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Umgekehrt sind Krankheitsbilder denkbar, die ein Weiterarbeiten zulassen.

Arbeitsunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeit wird durch ärztliches Attest bescheinigt, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Dieses Attest genießt hohen Beweiswert. Ein approbierter Arzt bestätigt, dass der Arbeitnehmer außerstande ist, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen.

Wird Arbeitsunfähigkeit festgestellt, muss der Arbeitnehmer auch nicht seine »Restarbeitsfähigkeit« abrufen. Wer arbeitsunfähig ist, darf gar nicht auf Arbeit, auch nicht, um beim Telefondienst auszuhelfen oder – mal eben – verschwundene Unterlagen zu suchen.

Bei Zweifeln

So mancher Arbeitgeber zweifelt die Richtigkeit einer vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durchaus an. Er darf sich aber nicht einfach nach eigener Einschätzung darüber hinwegsetzen.

Zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann der Arbeitgeber den Medizinischen Dienst (MdK) einschalten. Diesem trägt er die Anhaltspunkte für seine Zweifel vor und fordert ihn auf, die Plausibilität der ausgestellten Bescheinigung zu prüfen.

Kommt der MdK zu dem Ergebnis, dass der behandelnde Hausarzt zu Unrecht die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat, lebt die Verpflichtung zur Arbeitsleistung wieder auf. Der Arbeitnehmer hat Arbeit aufzunehmen.


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# Behinderung

Menschen mit Behinderung stehen im Arbeitsleben unter besonderem gesetzlichem Schutz. Sie haben Anspruch auf zusätzlichen Sonderurlaub und sind von Mehrarbeit freizustellen.

Es gibt Behinderungen, die gleichwohl eine Tätigkeit im Pflegeberuf uneingeschränkt zulassen. Auch ist nicht jede Behinderung offenkundig. Wer eine »versteckte« Behinderung hat, die nicht offenkundig ist und von der nur er selbst Kenntnis hat, muss sie keineswegs dem Arbeitgeber offenbaren.

Wirkt sich die Behinderung aber so aus, dass die aktuelle Arbeit selbst überhaupt nicht, auch nicht in Teilen, erledigt werden kann, wird er das dem Arbeitgeber mitteilen. Im übrigen kann nur mit dieser Offenbarung der besondere Kündigungsschutz gesichert werden.

Besonderer Kündigungsschutz

Der Kündigungsschutz ist erhöht, wenn infolge der dauerhaften Einschränkungen wegen Krankheit oder Behinderung eine Schwerbehinderung anerkannt ist. Wer einen GdB (Grad der Behinderung) von wenigstens 50 oder höher aufweist oder gleichgestellt ist, genießt besonderen Kündigungsschutz.

Hinweis: Das Integrationsamt muss um Zustimmung gebeten werden, bevor eine rechtswirksame Kündigung ausgesprochen werden kann.

Das »letzte Mittel«

Will der Arbeitgeber einer Pflegekraft, die einen GdB von 50 oder mehr hat, die Kündigung aussprechen, muss er zuvor wirklich alle Möglichkeiten einer anderweitigen Beschäftigung sorgfältig geprüft und ausgelotet haben. Nur wenn er nachweisen kann, dass es keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Mitarbeiter gibt, wird das Integrationsamt überhaupt einer Kündigung zustimmen.

Und das Zustimmungserfordernis gilt auch vor Ausspruch einer Änderungskündigung: So könnte der Arbeitgeber versuchen, die Fachkraft in der Pflege mit einem neuen Vertrag auf einer Stelle mit eher administrativen Aufgaben einzusetzen wie z.B. im Qualitätsmanagement.

Hinweis: Will die Pflegekraft der Abänderung nicht aus freien Stücken zustimmen, kann der Arbeitgeber die Änderungskündigung nur aussprechen nach vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes.


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# Leistungsminderung

Die »Leistungsminderung« bedeutet, dass der Mitarbeiter hinter dem Durchschnitt der üblichen Leistungen vergleichbarer Kollegen zurückbleibt.

Wer also in der Versorgung der Bewohner überaus langsam ist, häufiger als andere wichtige Informationen vergisst oder andauernde Konzentrationsschwierigkeiten hat, leistet weniger als seine anderen Kollegen in der Pflege.

Ursachen

Die Leistungsminderung kann sich aus vielfältigen Ursachen ergeben: Es können chronische Schmerzen sein, die nicht mehr austherapierbar sind, oder auch nervliche Anspannungen, die trotz aller Medizin nicht behoben werden können.

Auch wer dauernd Stress und Überforderung empfindet, kann in der Regel seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht im vollen Umfang abrufen.

Fürsorge

Trotz solcher Leistungsdefizite droht nicht gleich die Kündigung. Wer aus einer Arbeitsunfähigkeit an den Arbeitsplatz zurückkehrt, kann im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) Vorschläge an den Arbeitgeber herantragen, die es ihm schrittweise möglich machen, zu alter Leistungskraft zurückzufinden.

Sehr bewährt haben sich in dem Zusammenhang auch die Modelle der stufenweisen Wiedereingliederung. Sie ist eine Maßnahme der Rehabilitation und wird von der Krankenkasse bezahlt.

Auch befristete Teilzeitabreden, zusätzliche Assistenz sowie technische Hilfen bei besonders schweren Aufgaben können helfen, die Leistungsschwäche zu überwinden.


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# Fazit: Auf den Punkt gebracht

Arbeitsunfähigkeit, Krankheit, Behinderung oder andere Formen der Leistungsschwäche sind gesundheitlich bedingt. Den Mitarbeiter trifft in der Regel kein Verschulden.

Doch obwohl der Mitarbeiter »nichts dafür kann«, dass er in seinem Leistungsverhalten gegenüber den Kollegen abfällt, muss der Arbeitgeber ein deutliches Zurückbleiben hinter dem »Normalmaß« nicht hinnehmen.

Bevor es aber zur personenbedingten Kündigung kommt, wird der Arbeitgeber Versuche unternehmen, dem Mitarbeiter Hilfestellung zu geben, so dass dieser seinen Arbeitsvertrag wieder ordentlich erfüllen kann.

Solche Angebote können zum einen Änderungen des Arbeitsvertrags selbst betreffen, aber auch Vorschläge zur Rehabilitation umfassen, wie z.B. eine stufenweise Wiedereingliederung oder das Antreten eines Kuraufenthalts.

Dr. Uta Holtmann
Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Arbeitsrecht


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