Pflege Auswahlverschulden

Pflege Auswahlverschulden

Eine Stationsleitung wählt das Personal nicht selbst aus: Personalauswahl ist Arbeitgebersache.

Und doch gelten die nachgeordneten, auch examinierten Kräfte, die Pflegehelfer, Schüler und Praktikanten als »Verrichtungsgehilfen« der verantwortlichen Leitungskraft.

Deshalb sollte die Stationsleitung sicher gehen, dass ihre »Verrichtungsgehilfen« prinzipiell den zugewiesenen Aufgaben gewachsen sind.

Ich zeige, wo verantwortliche Leitungskräfte für ihre »Verrichtungsgehilfen« eine Mitverantwortung tragen.

Und ich zeige, wie sich diese verantwortlichen Leitungskräfte von der Mithaftung befreien können.


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Der Sachverhalt

Pflegekraft X. ist für 20 Bewohner verantwortlich. Sie »schultert« eine Schicht nicht allein, sondern sie hat Mitarbeiter unter sich, die unterschiedliche Qualifikationen, aber auch unterschiedliche praktische Erfahrungen aufweisen.

Dringend muss an diesem Morgen der Bewohner B., körperlich in schlechter Verfassung, gewaschen werden.

X. schickt die gelernte Pflegehelferin Y., die erst seit gestern tätig ist, zu B.

Auf die Frage, ob sie sich zutraue, den B. in die Dusche zu bringen und ihn dort zu waschen, antwortet Y. spontan: »Na klar«. X. ist beruhigt.

10 Minuten später kommt Y. angerannt. B. ist ihr aus dem Arm gefallen, gestürzt und liegt mit blutender Platzwunde im Duschbecken.

X. fragt sich, ob sie dafür als Stationsleitung auch noch verantwortlich sein soll.


Pflege Auswahlverschulden

Das sind Ihre Fragen

Pflege ist ein höchst arbeitsteiliges Geschäft. Muss die qualifizierte und profilierte Fachkraft für die Fehler von Examinierten, Schülern und Helfern einstehen?

Was kann die Leitungskraft im Vorfeld tun, wenn sie eine Mitarbeiterin/ einen Mitarbeiter auf ihrer Station für denkbar ungeeignet und unzuverlässig hält?

Haben eine Stationsleitung oder andere Fachkräfte als Vorgesetzte auch bestimmte arbeitsrechtliche Kompetenzen?


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Darum geht es

Einerseits wählt auch die beste und erfahrenste Stationsleitung das Personal nicht selbst aus, und sie stellt auch nicht selbst ein. Personalauswahl ist Arbeitgebersache.

Und andererseits gelten die nachgeordneten, auch examinierten Kräfte, die Pflegehelfer, Schüler und Praktikanten als »Verrichtungsgehilfen« der verantwortlichen Leitungskraft.

Die Stationsleitung sollte aber sicher gehen, dass ihre »Verrichtungsgehilfen« prinzipiell den zugewiesenen Aufgaben gewachsen sind.

Sie sollte sich vergewissert haben, dass sie die theoretische und praktische Befähigung haben, die zugewiesenen Aufgaben angemessen zu erfüllen.

Hätte die verantwortliche Leitungskraft annehmen müssen, dass Fachwissen und Praxiserfahrung nicht im geforderten Maß vorhanden sind, kann sie mitverantwortlich gemacht werden, wenn mangelnde Kompetenz und Unzuverlässigkeit zum Schaden am Bewohner führen.


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# Auswahlverschulden

Die Stations- oder Schichtleitung sollte stets kurz prüfen, ob sie den X. oder den Y. beauftragen kann, Bewohner A. zu lagern oder beim Bewohner B. Blutzucker zu messen.

Arbeitet sie schon lange mit ihren Pflegekräften zusammen, kennt sie deren praktische Erfahrung und Umsicht.

Die Aufgabenzuweisung an X. oder Y. ist dann keinesfalls fehlerhaft.

Sind X. und Y. »neu« oder unerfahren, muss die Leitungskraft sorgfältig prüfen, mit welchen Aufgaben sie die betrauen kann.

Richtige Auswahl

Die Aufklärung erfolgt durch den Arzt. Er hat die fachliche Verantwortung für die umfassende und verständliche Vorabinformation des Patienten.

Die Behandlungsmethode, ferner typische aber auch atypische Gefahren, die mit dem Eingriff oder einer Behandlung einhergehen, sind vorzustellen.

Bei der Risikoanalyse sind auch die bekannten Vorerkrankungen des Patienten zu berücksichtigen.

Gerade bei multimorbiden Patienten ist auf die Wechselwirkung mit bereits verschriebenen Medikamenten, auf Resistenzen und mögliche Unverträglichkeiten gesondert hinzuweisen.

Einwilligung

Besonders kritische oder gefahrgeneigte Pflegetätigkeit sollte wirklich nur jenen angewiesen werden, die einen qualifizierten Abschluss als examinierte Pflegekraft haben, aber auch die nötige Erfahrung im Umgang mit der anspruchsvollen Pflegesituation aufweisen.

Hierfür sollte die Leitungskraft keinesfalls angelernte Kräfte heranziehen, auch dann nicht, wenn Personalnot herrscht.

Für deren Fehler und Versagen müsste sie mit einstehen.

Ihr würde vorgeworfen, die falsche Personalauswahl in diesem einen schadensträchtigen Einzelfall getroffen zu haben.

Einarbeitung und Einweisung

Gerade bei neu hinzugekommenem und frisch examiniertem Personal ist es nötig, eine Einarbeitungsphase vorzuschalten.

Die dient nicht nur dem »neuen« sondern auch dem erfahrenen Stammpersonal, um sich ein Bild zu verschaffen vom Wissensstand und der Anwendersicherheit der neuen Kolleginnen/Kollegen.

So kann auch die Leitungskraft sich bestimmte Griffe und Techniken der Pflege demonstrieren lassen und bei Bedarf remonstrieren.

Zusätzlicher Vorteil ist auch, dass so die Einheitlichkeit der Handhabung und die gleichmäßige Umsetzung von Standards sicher gestellt werden kann.


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# Überwachungsverschulden

Die Pflegefachvorgesetzte soll nicht nur die richtige Auswahl treffen. Sie soll auch nachweisen können, dass sie die eingesetzten Kräfte zuvor richtig überwacht hat.

Der Begriff ist insofern missverständlich, als er keine hautnahe Dauerüberwachung meint.

In dem Fall wäre die Leitung gut beraten, alle gefahrträchtigen Handlungen gleich selbst zu übernehmen.

Mit Überwachung ist gemeint, dass die vorgesetzte Führungskraft sich stichprobenartig vergewissert hat von den Fertigkeiten und praktischen Fähigkeiten des nachgeordneten Personals.

Stichproben

Arbeiten erfahrene Pflegekräfte langjährig zusammen und sind die Aufgaben und Herausforderungen am Bewohner seit Jahren die gleichen, sind solche Stichproben entbehrlich.

Aber bereits neue Standards, neuartige Medizinprodukte, neuartige Organisationsstrukturen und auch veränderte Handhabungen im Zuge der Digitalisierung können es erforderlich machen, dass geprüft wird, ob auch wirklich alle die neuen Vorgaben, Techniken, Leitlinien verstanden haben.

Mithaftung

Die verantwortliche Pflegekraft ist nämlich nicht nur für eigenes Handeln verantwortlich.

Es kann sie auch die Verantwortung treffen für das Versagen nachgeordneter Pflegekräfte.

Wird die Leitungskraft gefragt, wie z.B. ein neues Bestrahlungsgerät funktioniert oder wie der neue Standard zur Sturzprophylaxe gemeint sei, ist sie gut beraten, sich der Frage anzunehmen, aufzuklären und zu erläutern.

Würde sie sich achselzuckend abwenden und die Mitarbeiterin mit dem Problem »allein lassen«, träfe sie eine Mitverantwortung, wenn wegen unsachgemäßer Handhabung der Bewohner letztlich an Leben und Gesundheit beschädigt wird.


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# Fazit: Auf den Punkt gebracht

Verantwortliche Leitungskräfte tragen für die »Verrichtungsgehilfen« eine Mitverantwortung.

Allerdings können sie sich von der Mithaftung befreien.

Ihnen gelingt der Entlastungsbeweis, wenn sie nachweisen, im Einzelfall die mit der Pflege-Aufgabe betraute Kraft ordentlich ausgewählt und ordentlich überwacht zu haben.

Bei den langjährig bekannten und erfahrenen Kolleginnen/Kollegen mag dies entbehrlich sein.

Aber je unbekannter die Fähigkeiten und Fertigkeiten eines neu hinzugekommenen Mitarbeiters sind, um so wichtiger kann die richtige Auswahl und Überwachung sein.

Dr. Uta Holtmann
Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Arbeitsrecht


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